Inhaltsangabe:

"Wie hat dein Fahrrad ausgesehen, als du ein Kind warst?", lautet Davids Frage an seine Oma, doch die Antwort darauf ist nicht so einfach.

Denn wenn man auf dem Gedankenteppich sitzt und in die Kindheit von Gertrud Seehaus und Peter Finkelgruen zurückfliegt, landet man mitten im 2. Weltkrieg, in den Stollen von Rimlingen und im Getto von Shanghai.

Kann, darf man Kindern solche schrecklichen Geschichten erzählen? Man muß, denn neben all den schönen und lustigen Familiengeschichten, die Großeltern ihren Enkeln erzählen, gehören auch die traurigen und schrecklichen dazu:

Alle Geschichten sollen erzählt werden, weil nur so verstanden werden kann, was geschehen ist.


Roland Kaufhold, 17. Februar 2008 (Zeitschrift "Forum" der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft, Ausgabe 2/2008 (PDF), S. 30/31):

"Geschichte, gerade wenn sie schwierige, belastete Themen enthält, vermag sich an die nächste Generation vor allem über Erzählungen zu vermitteln. Die Kölner Schriftstellerin Gertrud Seehaus und ihr Ehemann, der jüdische Journalist Peter Finkelgruen, blicken auf ein sehr ungewöhnliches, dennoch produktiv verarbeitetes Leben zurück.

Dieses möchten sie nun an ihre Enkelkinder weitererzählen, an David und Anna, deren Photos wir im Buch begegnen. So haben sie nun erstmals gemeinsam ein Kinderbuch geschrieben. Der Schriftsteller Günter Kunert, dem das Buch gefiel, hat ihnen hierzu Bilder gezeichnet.

Einen Schwerpunkt des Buches bilden die traumatischen Erlebnisse, welche Peter Finkelgruen mit Glück überlebte. Parallel dazu erzählt Gertrud Seehaus - sie wurde 1934 geboren - aus ihrer katholischen Kindheit im Nationalsozialismus. Sie erzählen in einer leichten, kindgemäßen, nicht anklagenden Weise:

"Wir wurden an schöne Dinge, aber auch an traurige erinnert. Schöne Dinge - das waren Spiele und Freunde und lustige Ereignisse, traurige - das waren Krieg und Verfolgung und der Tod der Menschen, die wir lieb hatten." (S. 9) Und: "So war unser Leben - gibt es Übereinstimmungen mit Eurem", so ist die Grundhaltung. [...]

Geschichte ist ein Teil von uns. Und sollte erzählt werden. Und so erzählen Gertrud und Peter auch von ihren Haustieren. Und von den Abenteuern, die man mit einem Fahrrad erleben kann - wenn auch Peter seinerzeit keines hatte. Aber auch von dem gelben Stern, den Juden damals tragen mussten.[...]"


Ulrich W. Sahm, 5. Februar 2008 (hagalil.com):

"[...]Gertrud und Peter haben es sich gemeinschaftlich zur Aufgabe gemacht, ihren eigenen Enkeln David und Anna die Geschichte ihrer Familien zu erzählen. Einfühlsam und ohne Schminke beschreiben sie mit leichtverständlichen Worten das Schicksal der Juden in den Konzentrationslagern und das Schicksal der Deutschen während des Krieges. Es ist eine Familiengeschichte, wie sie für viele stehen könnte, nur dass die Omas und Opas von Anna und David auf zwei Seiten einer grausigen Front standen. Und das alles in einfachen Worten, wie man eben den Enkeln erzählt, woher sie stammen, wer ihre Vorfahren sind.

Ungewöhnlich an dieser "Aufarbeitung" der Vergangenheit ist, dass es da nicht um gegenseitige Schuldzuweisungen geht und auch nicht um "historische Verantwortung". Denn einerseits kämpften ihre toten Onkels und Opas in Hitlers Wehrmacht und andererseits wurden ihre anderen toten Onkels und Opas in Konzentrationslagern ermordet. Anna und David wurden nicht zu zerrissenen Seelen erzogen, sondern bilden eine Symbiose, wie sie in dem ungewöhnlichen Kinderbuch "Opa und Oma hatten kein Fahrrad" vorgestellt werden, auf 77 Seiten mit Illustrationen von Günter Kunert und Fotos aus den Familienalben der deutschen und der jüdischen Familie.[...]"